Die Geschichte des Zeise-Kinos beginnt mit der Umwandlung der ehemaligen, 1868 gegründeten und nach 111 Jahren 1979 in Konkurs gegangenen Schiffsschraubenfabrik Theodor Zeise in Ottensen in ein Filmzentrum.
Mit der Gründung der kulturellen Filmförderung im Jahre 1980 und der wirtschaftlichen Filmförderung im Jahre 1982 hatte Hamburg wieder an Bedeutung gewonnen. Mit einem neuen Zentrum in den Zeise-Hallen wurde eine öffentlich geförderte Infrastruktur für Filmproduktionen aufgebaut, insgesamt wurden für die kulturelle die wirtschaftliche Filmförderung jeweils etwa acht Millionen DM pro Jahr zur Verfügung gestellt.
Die Imageaufbesserung Hamburgs von der reinen Hafenstadt zum bedeutsamen Medienstandort wurde von der dama1igen Kultursenatorin Dr. Christina Weiss in der Eröffnungsrede der Zeise-Hallen am 3. März.1993 folgendermaßen beschrieben:
„Ich freue mich, dass Hamburg mit den Zeise-Hallen hier in einem seiner lebendigsten Stadtteile ein Zentrum erhält, in dem sich Kreativität, Forschung, Innovation, Produktion in Zusammenarbeit, aber auch fruchtbarer Auseinandersetzung gegenseitig beflügeln können. Die neue Bestimmung der Zeise-Hallen macht den Wandel Hamburgs vom hafenorientierten Industriestandort zur Medien- und Kulturmetropole besonders augenfällig."
Die Stadt hatte mit dem Eigentümer des Komplexes einen Vertrag geschlossen, der besagte, dass dieser das Filmhaus und die anderen Gebäude ausbauen lassen sollte. Die Stadt Hamburg garantierte im Gegenzug dazu eine Miete von 20 DM pro Quadratmeter. Diese Miete war allerdings damals recht hoch und das Hamburger Filmbüro als Generalmieter konnte eine komplette Vermietung der Räume im Vorwege nicht garantieren, so dass die Stadt zusätzlich auch noch die Mieter der einzelnen Büros teilweise finanzielle Unterstützungen leistete.
Die Umbauphase
Für den Umbau der Schiffsschraubenfabrikruine zu einem Medientempel wurde nicht, wie sonst üblich, ein Wettbewerb für die Architekten ausgeschrieben, vielmehr wurde die Architektengruppe „medium“ aus Hamburg direkt beauftragt. Der maßgeblich an der Entwicklung beteiligte Architekt hieß Peter Wiesner. Zusammen mit Luis Moreno-Femandez vom Denkmalschutzamt und dem Eigentümer wurden die Grundpfeiler für die Arbeiten gelegt.
Im Anliegen des Denkmalschutzamtes lag es, bestimmte Bereiche, die die Vergangenheit des Gebäudes dokumentieren, zu erhalten. Ohne diese Bereiche wäre der Komplex nicht mehr zu verstehen gewesen. Demgegenüber standen Bedürfnisse zum Beispiel nach schallisolierten Räume für die Tonmischung oder auch ein Kino für die Premieren der vor Ort geförderten und produzierten Filme.
Der Entwurf für das spätere Aussehen der Zeise-Hallen wurde nicht im Büro am Reißbrett, sondern vor Ort entwickelt. Die Ideen entwickelten sich nach und nach. Man musste ja auch in Betracht ziehen, welche Teile der Halle überhaupt erhalten werden konnten, welche man betonen oder einfach nur belassen wollte. In all diese Entscheidungen spielte natürlich auch hinein, welche Schutzbestimmungen es zum Beispiel seitens der Feuerwehr zu beachten gab, welche Materialen noch modern waren oder in der Zwischenzeit schon verbessert wurden.
Die neue Architektur ist bewusst schräg, beschwingt und wie improvisiert in den langen Raum gesetzt. Nirgendwo laufen ihre Linien parallel zum historischen Gebäude. Jeder Eingriff in die alte und denkmalwürdige Bausubstanz wirkt provisorisch, hineingeschlagen, wird nicht kaschiert, sondern als Verletzung sichtbar gemacht. Durch die Wirren von juristischen, politischen und öffentlichen Auseinandersetzungen, ebenso wie durch die Wirren der Konzeptentwicklung und der Architektur, ist aus den Zeise-Hallen ein Kunstwerk geworden, dass sich die Menschen aus der ganzen Welt, seit der Eröffnung, gern ansehen.
Die Eröffnung fand nach einigen verschobenen Terminen am 3. März 1993 statt: Das Zeise-Kino wurde in den Mittelpunkt des Festaktes gestellt, und man feierte diesen großen Erfolg für die Filmschaffenden und die Politik tagelang. Der Hamburger Filmbüro e.V. wurde also mit 25,1 % der Anteile Teilhaber der Zeise-Kinos. Eröffnungsfilm war "Wir können auch anders" von Detlev Buck, der Titel sollte auch als Credo für die Medienfabrik stehen, die bis dahin schon einige Kämpfe fechten musste, sowie mit Behörden als auch mit dem Eigentümer des Komplexes oder sogar den Anwohnern dieses Stadtteils. Die Stimmung in Hamburg war durchweg positiv, wie auch an der Eröffnungsrede von Frau Senatorin Weiss zu sehen ist:
„Meine Damen und Herren, die Zeise-Hallen in ihrer großzügigen und lichten Architektur laden ein zum Feiern großer Feste. Die Eröffnung heute ist erst der erste Grund zum Feiern und trotz der hohen Erwartungen an dieses Projekt bin ich optimistisch, dass noch viele Feiern folgen werden - so vielleicht im Herbst anlässlich des Filmfestes.“
Entstehung und Profil der Zeise-Kinos
Schon bei der Konzeptentwicklung der Medienfabrik wurde festgelegt, dass es ein Kino mit einer anspruchsvollen Ausrichtung geben sollte. Zu dem Zeitpunkt stand der Stadtteil Ottensen am Anfang seiner Entwicklung. Auf die Ausschreibung hatte sich neben H. J. Flebbe, dem heute die Cinemaxx-Kinos gehören, unter anderen auch eine Gruppe von Kleinkinobetreibern aus Berlin beworben. Diese Gruppe fand, dass Hamburg ein guter Ort für ein neues Projekt wäre, und wollte dem Stadtteil den Flair von Kreuzberg oder Berlin-Wedding verleihen. Die Idee kam gut an, allerdings traute man der Gruppe allein den Betrieb des Kinos nicht zu. Die Stadt Hamburg hat also noch einen Partner gesucht und diesen in einem mittelständigen Filmverleih aus München auch gefunden.
An die Eröffnung wurde laut der langjährigen Geschäftsführerin Sabine Matthiesen noch eine weitere Bedingung geknüpft: „Sie wollten gerne, wenn es schon um Film und Kino geht, dass das Hamburger Filmbüro, die ja die kulturelle Filmförderung dieser Stadt waren, daran beteiligt werden sollte, denn dann wollte man in dem Kino natürlich auch die ganzen schönen Filme des Hamburger Filmbüros zeigen.“
Von Anfang an wurde sehr viel Wert auf den besonderen Service im Kino gelegt. Der erste Geschäftsführer, Jürgen Fabritius, und auch seine Nachfolgerin Sabine Matthiesen, haben sich besonders dafür eingesetzt, dass das Zeise-Kino sich von den anderen Kinos der Stadt abhebt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde z.B. die Abocard initiiert: Der Bonus bestand darin, dass jede Kinokarte, gleich welchen Film man sehen möchte, zu einem Festpreis erworben werden konnte. Dieser Bonus gilt auch für eine weitere Begleitperson.
Es wurde weiter Wert darauf gelegt, dass die Homepage von den Betreibern aktiv genutzt werden konnte, um Plätze aus dem Saalplan online zu buchen. Es gab sogar einen Club. Auf diese Art und Weise sollte gewährleistet werden, dass das Zeise-Kino "Mein Kino um die Ecke" blieb.
Ein besonderer Erfolg war das 2004 erstmalig stattfindende Open Air Kino im Innenhof des Altonaer Rathauses: Trotz des großenteils schlechten Wetters kamen zu jeder Vorstellung Menschen aus dem Stadtteil, um die ausgewählten Filme zu sehen. Im Gegensatz zu anderen Open Air Kinos wurde der Innenhof bestuhlt, Speisen und Getränke waren im Angebot.
Ausstattung des Kinos
Innerhalb weniger Jahre hatten sich die Zeise-Kinos gut etabliert. Das „Hamburger Abendblatt“ schrieb vier Jahre nach der Eröffnung:
„Zeise - Das Kino für Individualisten: Eingebettet zwischen Szenekneipen und Läden liegen die drei Säle in den Zeise-Hallen. Hier treffen sich eingefleischte Filmfans, darunter viele Studenten und (Lebens-)Künstler. Die verrenken sich dann auch mal den Kopf in den vordersten Reihen, um einen Blick auf die Leinwand zu erhaschen und verknoten ihre Beine zwischen den engen Sitzreihen. Ihr Stamm-Kino können sie auch mieten. Trotz Computer-Zeitalter wird das Programm hier mit Kreide an einer schwarzen Tafel verkündet. Doch die Technik hinkt nicht hinterher.“
In Saal 1 gibt es 369 Plätze, die Leinwand ist 5,4 x 10,8 m groß und folgende Tonsysteme können genutzt werden: 16mm Licht- und Magnetton, Dolby-Digital-Ton, Lucas Film THX-Soundsystem (geprüft und zugelassen und gilt als besonders wertvoll)! In Saal 2 gibt es 96 Plätze, die Leinwand ist 2,9 x 7 m groß, und folgende Tonmöglichkeiten bestehen: Mono, Dolby A, Dolby SR. Die Optiken sind wie in Saal 1. In Saal 3 gibt es 67 Plätze, die Leinwand ist 2,5 x 6 m groß, es bestehen die Tonmöglichkeiten und Optiken wie in Saal 2 .
Programmstruktur
Ursprünglich war geplant, dass im Saal 1 die großen europäischen Filme laufen sollten, im Kino 2 die kleineren europäischen Filme und in Kino 3 die Filme des Filmbüros und der Filmstudenten, aber auch ausländische Filme im Original mit Untertitel. Da aber der Unterschied von 396 Plätze auf 96 Plätze sehr groß ist, kam es zu Schwierigkeiten. Wenn der Film aus Kino 1 ein paar Wochen gelaufen war, wurde er in das Kino 2 verlegt und verdrängte dort den Film ins kleine Kino und nahm dort den „hauseigenen“ Filmen den Platz weg. Besonders als dann die Multiplexe anfingen, auch große europäische Filme zu zeigen, mussten die Betreiber sich um eine bessere Auslastung bemühen, um das Kino weiterhin finanzieren zu können.
Die Zeise-Kinos gehören zu den ausgewählten Kinos, die sich »EUROPA CINEMA« nennen dürfen. Dies bedeutet, dass mindestens die Hälfe der präsentierten Filme aus europäischen Produktionen stammen müssen. Es wurden aber natürlich auch außereuropäische Filme gezeigt, zum Beispiel koreanische Filme, die im Original mit Untertitel im kleinen Kino liefen. Hierbei dreht es sich um spezielle Wünsche, die in anderen Kinos nicht befriedigt werden können. Diese Filme sind in Deutschland meist nur schwer zu bekommen und daher ist das Publikum besonders dankbar. Im Laufe der Jahre haben sich viele Programmreihen entwickelt, wie zum Beispiel „Play it again“ (zusammen mit dem Abaton-Kino und dem Kino 3001), „Hamburg historisch“ (zusammen mit dem Landesfilmarchiv im ehemaligen Landesmedienzentrum, siehe Kasten) oder das „Festival des Neuen Italienischen Films“. Das Kino hat sich ein eigenes Publikum erworben.