Unter dem programmatischen Begriff der „Gleichschaltung“ griffen die Nationalsozialisten ab 1933 in das gesamte öffentliche Leben ein. Durch eine Fülle neuer Verordnungen wurden diese Eingriffe auch im Kulturbereich von staatlicher Seite rasch legitimiert. Große Teile des Filmwesens - von der Produktion über den Verleih bis zu den Abspielstätten – wurden bald in neuen Institutionen zusammengefasst und größtenteils in Berlin zentralisiert. Dieser Beitrag stellt einige dieser neuentstandenen NS-Film-Einrichtungen und ihre Aktivitäten in der Hansestadt vor und schildert beispielhaft die Entwicklung des Kino- und Filmwesens Hamburgs zwischen der Machtübernahme der Nationalsozialisten Anfang 1933 und dem Kriegsausbruch 1939.
Schon im Frühjahr 1933 wurden wichtige Bereiche der Filmindustrie mehr oder weniger direkt Goebbels’ Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung in der Reichshauptstadt Berlin unterstellt. So mussten ab Sommer 1933 alle Filmschaffenden Mitglied in der Reichsfilmkammer werden, wenn sie weiter ihren Beruf ausüben wollten. Mit dem im Februar 1934 neu erlassenen Lichtspielgesetz wurde unter anderem die Vorzensur eingeführt. Ob und wie sich die auf Reichsebene beschlossenen Gesetze und Verordnungen aber am einzelnen Ort bemerkbar machten, ist noch weitgehend unerforscht.
Aufgrund von Kriegsverlusten und der systematischen Vernichtung von Archivgut im Jahre 1945 und später ist die Quellenlage zur Erforschung dieser Sachverhalte in Hamburg schlecht. Dies schlägt sich auch in der Sekundärliteratur nieder, welche diese Zeit - mit Ausnahme eines Kapitels in „Filmstadt Hamburg“ von Michael Töteberg (VSAVerlag, 2. Aufl. 1997) und einer Magisterarbeit von Gerti Keller („Kino unter’m Hakenkreuz“) aus dem Jahre 1983 - bisher so gut wie gar nicht behandelt hat. Trotzdem finden sich beispielsweise in den im Staatsarchiv überlieferten Akten der Gewerbepolizei und der Staatlichen Pressestelle aufschlussreiche Dokumente. Darüber hinaus bietet die Auswertung der damals erschienenen Tageszeitungen und der Filmzeitschriften die Möglichkeit, die erwähnten Lücken zumindest teilweise wieder zu schließen.
Hamburg war die zweitgrößte Stadt im Deutschen Reich und besaß nach Berlin die meisten Kinos. So stellt sich natürlich die interessante Frage: Sind die typischen Veränderungen und Entwicklungen der NS-Zeit auch in Hamburg zu spüren? Wie äußern sich diese konkret im Kinoleben? Zur Beantwortung soll zunächst einmal ein Überblick über die wichtigsten Verbände und Einrichtungen der Kinowirtschaft im Jahre 1933 gegeben werden.
Lichtspieltheaterbesitzer-Verband
Im Haus der Detaillistenkammer in der Neuen Rabenstraße hatte die Norddeutsche Sektion des Verbandes der Lichtspieltheaterbesitzer ihren Sitz. Anfang 1933 befand sich die Kinowirtschaft in Hamburg wie im ganzen Deutschen Reich in einer finanziellen Krisenlage. Im Februar 1933 wurde auf der Jahresversammlung der Hamburger Verbands- Sektion noch verkündet, es stünde jedem Theaterbesitzer frei, ob und an wen er sein Haus für Veranstaltungen vermieten wolle, besonders von der Vermietung von Räumlichkeiten an Parteien rate der Vorstand jedoch explizit ab. Ließe es sich dennoch nicht vermeiden, sei keine Partei zu bevorzugen. Genauso lehnten die Kinobesitzer die Vorführung von politischen Filmen in den regulären Veranstaltungen zunächst rigoros ab. Nur knapp einen Monat später, am 18. März 1933 - inzwischen sind zahlreiche neue Gesetze beschlossen worden - klingt der Tenor schon ganz anders: „Zu der neuen Regierung stellt sich der Vorstand durchaus positiv ein“. Der Verband stünde der Bildung einer „Notgemeinschaft Deutscher Filmtheater“ skeptisch gegenüber, da man sich von der neuen Regierung die erhoffte wirtschaftliche Unterstützung versprach.
Immer mehr Kinos schlossen sich dem „Norddeutschen Lichtspieltheaterbesitzer-Verband“ an, der direkt dem Reichsverband Deutscher Filmtheater unterstand. Am 22. April 1934 fand die Generalversammlung des Hamburger Landesverbandes statt. Anwesend waren neben dem Landesvorsitzenden Hans Struckmeyer und dem Reichsverbandsführer Fritz Bertram u.a. Oberregierungsrat Jansen von der Gewerbepolizei und Vertreter von Filmverleihen sowie Abordnungen der NSDAP. Der neue Vorstand wurde nicht mehr demokratisch gewählt, sondern direkt von Bertram ernannt. Beendet wurde diese Veranstaltung mit dem Ritual des Absingens des Horst-Wessel-Liedes.
NSDAP-Gaufilmstelle und Landesbildstelle Hansa
1933 war die „Landesfilmstelle Nord und Niedersachsen“ gegründet worden, die ihren Sitz in der Mönckebergstraße hatte. Der Leiter dieser Filmstelle war Richard Adam. Im Juli 1934 nahm die NSDAP-Gaufilmstelle für Hamburg als deren Nachfolgeinrichtung ihre Arbeit auf. Ihr Leiter war Otto Herrmann, der in Personalunion auch Direktor der Landesbildstelle Hansa war. Diese war eine von insgesamt 24 Landesbildstellen auf Reichsebene. In Hamburg befand sich die Landesbildstelle für die Städte Hamburg, Lübeck und Bremen. Die Gaufilmstelle gliederte sich, analog zur Struktur der NSDAP, in Kreis-, Orts- und Stützpunktfilmstellen. Sie unterstützte die Filmvorführungen der Partei, stellte auch eigene Filme her und hatte einen eigenen Zentralverleih. Erst stellten die Kinos, welche die Filmveranstaltungen der Gaufilmstelle als Konkurrenz empfanden, ihre Räumlichkeiten nur gegen Gebühr zur Verfügung. Doch im Winter 1939 verpflichtete die Reichsfilmkammer jedes deutsche Kino, seine Räumlichkeiten kostenlos für die Veranstaltungen der NSDAP abzutreten.
Die Arbeitsgemeinschaft Film
Die „Hamburger Arbeitsgemeinschaft Film“ gehörte zur Volkshochschule. Sie verfolgte eindeutig politische Ziele und wurde erst während der NS-Zeit gegründet. Ihre erste Sitzung fand am 25. März 1936 statt. Eingeladen waren die Leiter der Hamburger Filialen der deutschen Verleihfirmen, die Leiter der Hamburger Uraufführungstheater, ein Vertreter des Reichsverbandes Deutscher Lichtspieltheaterbesitzer sowie Vertreter der Gaufilmstelle. Werner Kark, zugleich Schriftleiter beim „Hamburger Tageblatt“, wurde zum Referenten für Filmfragen an der Volkshochschule ernannt. Die Arbeitsgemeinschaft war in die offizielle Kulturarbeit der Regierung mit eingebunden. Ein vom Volkshochschuldirektor Dr. Heinrich Johann Haselmayer ins Leben gerufenes Programm umfasste u.a. eine Vorlesungsreihe an der Universität. Die Arbeitsgemeinschaft beteiligte sich 1937 auch an den Reichsfilmtagen der Hitlerjugend und an der Kulturfilmwoche. Das Fachorgan „Filmkurier“ lobte die Zusammenarbeit mit der Schlagzeile: „Alle an einem Strang. Beispielhafte Zusammenarbeit in Hamburg“.
Der Filmklub Hamburg 1937
Immer mehr Kinos schlossen sich dem „Norddeutschen Lichtspieltheaterbesitzer-Verband“ an, der direkt dem Reichsverband Deutscher Filmtheater unterstand. Am 22. April 1934 fand die Generalversammlung des Hamburger Landesverbandes statt. Anwesend waren neben dem Landesvorsitzenden Hans Struckmeyer und dem Reichsverbandsführer Fritz Bertram u.a. Oberregierungsrat Jansen von der Gewerbepolizei und Vertreter von Filmverleihen sowie Abordnungen der NSDAP. Der neue Vorstand wurde nicht mehr demokratisch gewählt, sondern direkt von Bertram ernannt. Beendet wurde diese Veranstaltung mit dem Ritual des Absingens des Horst-Wessel-Liedes.
Im Juli 1937 gründete die Arbeitsgemeinschaft den „Filmklub Hamburg 1937“. Dieser Filmklub sprach nicht nur die Filminteressierten, sondern alle Kulturschaffenden an. Der „Filmkurier“ hob die Einmaligkeit dieses Klubs in Deutschland hervor und betonte, dass Hamburg „durch seine Arbeitsgemeinschaft und ihre Veranstaltungen zur filmaktivsten Stadt des Reiches“ geworden sei. Im Vorstand waren neben dem zum Vorsitzenden gewählten Werner Kark Mitarbeiter des Propagandaministeriums, der Reichsschrifttumskammer, der Volkshochschule und des Schauburg-Konzerns sowie des nationalsozialistischen „Hamburger Tageblatts“ vertreten. Werner Kark leitete somit in Personalunion gleich zwei Organisationen im Hamburger Filmwesen. Mehr und mehr wurde damit die dominierende Rolle von NSDAP-Mitgliedern in leitenden Positionen im Filmgeschäft deutlich.
Vergünstigungen wie die Abschaffung des „Mißstandes der Lustbarkeitssteuer“ wurden in Aussicht gestellt. In der Praxis wurden dann allerdings nur Vergünstigungen für einige den neuen Machthabern genehme Filme umgesetzt, mißliebige Zeitgenossen hatten eher mit dem Gegenteil, Sanktionen, zu kämpfen.
Strenge Kontrolle durch die Gewerbepolizei
Die Überwachung der praktischen Umsetzung der Vorschriften und die Kontrolle der Arbeit der Lichtspieltheater sowie die lokale Zensur übernahm die Abteilung Drei der Hamburger Polizeibehörde, die Gewerbepolizei. Die Schaffung neuer Abspielstätten, die genauen Anfangszeiten, die Programmdauer und die vorzuführenden Filme mussten von der Gewerbepolizei genehmigt werden. Auch das Rahmenprogramm wurde kontrolliert, und eine LiListe der darin auftretenden Artisten musste an die Gewerbepolizei übersandt werden. Zudem war die Mitgliedschaft der Künstler in der „Reichsfachschaft Artistik“ Pflicht.
Kino als Vergnügen der „kleinen Leute“
Die Hamburger Kinos teilten sich in Ur-, Erstaufführungs- und Nachspieltheater auf. In den beiden ersten Gruppen, die ein hohes Sitzplatzangebot aufwiesen, lief ein Film meist ca. vier Wochen, bevor er an die Nachspieltheater weitergegeben wurde, die weniger in der Innenstadt als vielmehr in den umliegenden Stadtteilen zu finden waren. Zudem besuchte das Publikum häufig gerne ein „Stammkino“ in seinem Stadtteil.
Zum Einlass wurde häufig Orgelmusik gespielt, dann fand auf der Bühne ein Varieté- oder Artistikprogramm statt. Danach ging der Vorhang zu und die Bildwand wurde heruntergelassen. Dann wurde ein Kulturfilm gezeigt, danach fiel wieder der Vorhang, um für die Wochenschau erneut aufzugehen. Nach einer etwas längeren Pause begann der Hauptfilm.
Ein Kino besaß eine Garderobe und Platzanweiser, und man konnte ein Programm zum jeweiligen Film erwerben. Kinos standen in stärkerer Konkurrenz zu Theater, Varieté und Oper als es heute der Fall ist. Preislich war ein Kinobesuch im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten jedoch günstiger. Der durchschnittliche Eintrittspreis betrug 1934 0,86 Reichsmark. Häufig wurden die Kinos auch am Samstagnachmittag direkt nach der Arbeit aufgesucht. Einem Artikel des „Hamburger Fremdenblatts“ ist zu entnehmen, dass in Hamburg „der Mann aus dem Volke, Arbeiter, Angestellte, kleinere Beamte und Gewerbetreibende“ einen Großteil des Publikums ausmachte.
„Arisierung“ jüdischer Filmkonzerne
Der Henschel-Konzern war vor der Machtübertragung an die Nationalsozialisten mit zwölf Kinos der größte Lichtspieltheater-Betreiber Hamburgs. Außer den vielen „Schauburgen“ gehörte ihm u.a. das renommierte „Lessing“-Theater am Gänsemarkt. Die Schwiegersöhne von Firmengründer James Henschel, Hermann Ulrich Sass und Hugo Streit, waren ursprünglich einmal die Direktoren der „UFA“-Norddeutschland gewesen. Ihre Erben gründeten 1933 die „Henschel KG“. Sie mussten aufgrund von Sanktionen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten relativ bald ihre Firma verkaufen. Als „Gleichschalter“ wurden die ehemaligen führenden Angestellten Paul Romahn und Gustav Schümann eingesetzt. Diese schienen gute Beziehungen zu führenden Stellen zu haben: Sie betrieben gemeinsam mit Richard Adam, dem Landesleiter der Filmstelle Nord und Niedersachsen, bereits ein Kino in Kiel. Letzterer war im übrigen der Verantwortliche für die Arisierung der Lichtspieltheater in Hamburg. So konnten Paul Romahn und Gustav Schümann nun im Herbst 1933 mit den ehemaligen Henschel-Kinos die „Schauburg-Lichtspieltheater- Betriebgesellschaft“ gründen. Den Erben der „Henschel KG“, den Familien Sass und Streit, blieben bis 1938 noch einige verpachtete Kinogrundstücke. 1938 wanderten beide Familien aufgrund des zunehmenden Drucks aus.
Die „Norddeutsche Filmtheater Kommanditgesellschaft“ des jüdischen Kinobetreibers Manfred Hirschel konnte bereits 1934 liquidiert werden, da die von ihm betriebenen drei Kinos, das „Reichs-Theater“, das „Theater am Nobistor“ und das „Waterloo“- Theater, bereits verkauft worden waren. Schon 1933 war ein Antrag Hirschels auf Wiedereröffnung seines Filmtheaters „Kinopalast“ abgelehnt worden, mit der Begründung, es läge dafür kein akutes Bedürfnis vor. 1934 wurde Hirschel dann gänzlich gezwungen, seinen Beruf als Kinobesitzer aufzugeben, mit der zynisch anmutenden Begründung, er sei „wirtschaftlich dazu nicht in der Lage“.
Das jüdische Publikum
Besondere Auswirkungen hatten die von den NSMachthabern erlassenen Gesetze für das jüdische Kinopublikum. Es durfte ab dem 12. August 1938 Kinos, Konzertsäle und Theater nicht mehr als Gäste besuchen. Als Ersatz bot sich die „Jüdische Filmbühne“ im Gemeinschaftshaus der Jüdischen Gemeinde an der Hartungstraße an. Der jüdische Kulturbund hatte dort Ende Februar 1939 begonnen, ein eigenes Kinoprogramm anzubieten.
Die Hamburger UFA-Kinos
Sehr rasch übernahm die UFA von der Filmproduktion über den Verleih bis hin zu den Abspielstätten alles, was mit dem Filmwesen zu tun hatte. Die UFA hatte in Hamburg bis 1938 ihren Sitz im Bieberhaus, bevor sie dann in die Rothenbaumchaussee umzog. In Hamburg gab es verhältnismäßig viele UFA-Theater, die sich auf fast alle Stadtteile verteilten und somit eine optimale Abdeckung gewährleisteten. Nur der „UFA-Palast“ am Valentinskamp und das seit 1934 ebenfalls zum Konzern gehörende „Lessing“-Theater am Gänsemarkt besaßen eine Bühne mit entsprechender Bühnentechnik, um außer den Varietés im Rahmenprogramm auch größere Filmveranstaltungen durchführen zu können. Auch aufgrund dieser Ausstattung kam den Ufa-Kinos hauptsächlich die Rolle der Uraufführungskinos zu. Es gab nummerierte Plätze, Vorverkauf und Garderobe und ein eigenes UFA-Orchester.
Film als Propaganda-Werkzeug
Schon vor Gleichschaltung und Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 liefen besonders im „Passage“-Theater an der Mönckebergstraße Streifen, die der NS-Ideologie nahestanden: Im Juni und Juli 1933 wurde hier der Propagandafilm „SA-Mann Brand“ gezeigt. Am 23. Februar 1934 fand ebenfalls in diesem Kino als Auftakt für den ersten Gauparteitag in Hamburg die Erstaufführung des SA-Films „Hans Westmar“ statt, kombiniert mit einem Fackelzug. Diese oder ähnliche Filme mit Propagandacharakter liefen aber auch häufig im „UFA-Palast“ am Valentinskamp, im „Lessing“- Theater am Gänsemarkt und in den „Schauburg“-Kinos der verschiedenen Stadtteile.
Deutlich wird, dass Erst- oder Uraufführungen oder Sonderfilmvorstellungen in Hamburg sehr häufig zu Propagandazwecken genutzt wurden oder hier Benefiz-Veranstaltungen für NS-Wohltätigkeitseinrichtungen stattfanden. Damit wurden die Kinos nicht nur in ihrer Funktion als Abspielstätten für Filme, sondern auch als Versammlungsräume für die Verbreitung der Ideologie mit Vorträgen und Reden genutzt. Dies geschah nicht selten in pompösen Festveranstaltungen mit großem Musikorchester, zu der die wichtigsten lokalen Politgrößen wie Reichsstatthalter Karl Kaufmann, Bürgermeister Carl Vincent Krogmann, Staatssekretär Georg Ahrens und Vertreter der SA, SS und des Stahlhelms geladen waren. Mit einem relativ großen Artikel würdigte das „Hamburger Tageblatt“ auch die Hamburg-Premiere des „Olympia“-Films von Leni Riefenstahl am 1. Mai 1938. Hervorgehoben wurde die Begeisterung der Kinobesucher, die sich bei der Hamburg- Premiere in „Beifall auf offener Bühne“ ausdrückte.
„Wer die Jugend hat, der hat das Volk!“
Seit 1933 wurden die Volksund Berufsschulen verstärkt zu Filmveranstaltungen verpflichtet. Hauptaufgabe dieser Schulfilmpropaganda sollte es, getreu dem Motto der Landesfilmstellen „Wer die Jugend hat, der hat das Volk!“ sein, „den Schülern nationale Filme vorzuführen, die geeignet sind, die Jugend mit nationalsozialistischem Geist zu erfüllen.“ Im Beiprogramm liefen neben „guten Kulturfilmen“ Werke wie „Heer und Flotte“ und „Italienische Jungfaschisten“. Außerdem wurde die Jugendfilmstunde in den Kinos eingeführt: Gezeigt wurden in ständiger Wiederholung z.B. im Jahre 1937 Streifen wie „Hitlerjunge Quex“ oder „Heldentum und Todeskampf unserer Emden“.
Die Gaufilmstelle organisierte außerdem die sogenannten „Reichsfilmtage der Hitlerjugend“, die vom 6. bis 10. Oktober 1937 zum ersten Mal in Hamburg stattfanden. Im „Waterloo“-Theater wurden u.a. Schmalfilme aus der Produktion der Hitlerjugend gezeigt. An der Universität fand parallel eine Arbeitstagung statt. Als Gäste nahmen Angehörige der Reichsfilmkammer, Vertreter der großen Filmgesellschaften und Filmschaffende wie Heinrich George teil.
Die „Volksfilmtage“ und ein Filmball
Ab 1936 wurden alljährlich auch in Hamburg „Volksfilmtage“ veranstaltet. Große Anzeigen im „Hamburger Tageblatt“ warben dafür. Gegen ein symbolisches Eintrittsgeld von zehn Pfennigen konnte man das Programm, im Jahr 1939 unter dem Titel „Von der Flimmerkiste zur Filmkunst“, erwerben. Alle Einnahmen kamen dem Winterhilfswerk zugute. Sämtliche Lichtspieltheater Groß- Hamburgs führten an einem Sonntagmorgen „deutsche Spitzenfilme“ vor, „um den hohen Stand deutschen Filmschaffens aufzuzeigen“.
Im März 1936 fand erstmals in Hamburg ein „Filmball“ statt. In der Presse hieß es im Vorfeld glorifizierend, man erwartete „die namhaftesten Filmkünstler Deutschlands“ und es sei zudem geplant, für etwa 3000 vom Winterhilfswerk betreute Personen „in dem größten Lichtspieltheater Hamburgs einen mit den höchsten Prädikaten ausgezeichneten Film“ zu zeigen. Weiter war zu lesen, die Veranstaltung finde „auf besonderen Wunsch des Präsidenten der Reichsfilmkammer“ statt und solle „besonders volkstümlich“ gestaltet werden.
Die Hamburger Kulturfilmwoche 1937
Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens der „Urania“-Filmbühne fand im Oktober 1937 eine „Hamburger Kulturfilmwoche“ statt. Die Durchführung als „Internationale Kulturfilmwoche“ war von der Reichsfilmkammer zunächst untersagt worden, weil ihrer Meinung nach dabei zu sehr ausländische Kulturfilme gefördert würden. Nach Intervention des „Urania“-Leiters Dr. Willi Lichtwark konnte sie aber unter geändertem Titel doch noch stattfinden. Die Reichsfilmkammer, die Landesbild- und Gaufilmstelle und die AG Film beteiligten sich und nutzten die Veranstaltung für ihre Zwecke: Die Landesbildstelle organisierte eine Ausstellung, der Gaufilmstellenleiter hielt eine Rede und am Tag des Jubiläums wurde der Film „Der ewige Wald“ vorgestellt, eine deutsche Produktion der NSKulturgemeinde, welche die Geschichte der Germanen vom Beginn bis zum „Dritten Reich“ darstellte. Die Filmvorführungen fanden in der „Urania“ und im „Waterloo“-Kino statt, begleitende Vorträge an der Universität.
Die Folgen des Kriegsausbruchs
Der Beginn der Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 fiel zeitlich mit dem Saisonbeginn in den Hamburger Kinos zusammen. Im „Hamburger Tageblatt“ vom gleichen Tage wies eine dreispaltige Werbeanzeige auf die Erstaufführung des Kriminalfilms „Sensationsprozeß Casilla“ im Ufa-Palast hin, allerdings schon umgeben von Angeboten für Verdunkelungspapier. Sechs Tage nach Kriegsbeginn meldete dann das Fachorgan „Filmkurier“: „Es wird überall weitergedreht“, die Filmtheater seien „nach wie vor geöffnet, besonders wegen der Wochenschauen“. Einen Monat später schrieb das Blatt: „Besonders hervorgehoben werden muss die ausgezeichnete Kameradschaft der Hamburger Filmtheaterbesitzer, die sich in den vergangenen Wochen häufig bewiesen hat. Wenn in einem Theater die Wochenschau ausblieb oder der Vorführer plötzlich eingezogen wurde, dann half man sich untereinander aus und ermöglichte eine reibungslose Abwicklung der Vorstellungen.“
Hier zeigt sich auch die besondere Bedeutung der Wochenschau in den Kriegsjahren. Die „Schauburg am Hauptbahnhof“ zeigte nun zu ermäßigten Eintrittspreisen auch an Wochentagen in den Vormittagsstunden Wochenschauen, „um jedem Volksgenossen die Möglichkeit zu geben, die neuesten Ereignisse von der Front auch auf der Leinwand zu sehen.“ Das Filmleben schien tatsächlich fast unverändert weiterzugehen: Am 5. Oktober 1939 berichtete der „Filmkurier“ unter der Überschrift „Vorbildliche Kameradschaft der Theaterbesitzer im ersten Monat des Abwehrkampfes“ über die Hamburger Kinosituation. Demnach „arrangierte“ sich die Bevölkerung langsam mit den neuen Verhältnissen. Wegen der Verdunkelung hätten einige Theater zusätzliche Nachmittagsvorstellungen eingerichtet, so dass die Kinogänger noch bei Tageslicht nach Hause gehen konnten. Nach anfänglichem Einbruch stabilisierten sich die Besucherzahlen auch wieder.
Schlussbetrachtung
Am Beispiel Hamburgs lässt sich durchaus die „typische“ Kinosituation einer Stadt zur Zeit der NSHerrschaft ablesen. Hier gab es die von staatlicher Seite organisierten offensichtlichen Propagandafilmveranstaltungen genauso wie scheinbar unpolitische Spielfilme (in die aber häufig auch unterschwellig Elemente der NS-Ideologie einflossen). Während der gesamten Zeit des „Dritten Reiches“ erfreuten sich insbesondere reine Unterhaltungsfilme wie Lustspiele und Revuen großer Beliebtheit. In der Anfangsphase der NS-Zeit erreichte diese Art von Filmen jedoch noch nicht die entscheidende Bedeutung wie in den Kriegsjahren, als häufig Kinos die einzigen Vergnügungsmöglichkeiten waren und gleichzeitig Ablenkungsfunktion besaßen.
Schon vor Gleichschaltung und Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 liefen besonders im „Passage“-Theater an der Mönckebergstraße Streifen, die der NS-Ideologie nahestanden: Im Juni und Juli 1933 wurde hier der Propagandafilm „SA-Mann Brand“ gezeigt. Am 23. Februar 1934 fand ebenfalls in diesem Kino als Auftakt für den ersten Gauparteitag in Hamburg die Erstaufführung des SA-Films „Hans Westmar“ statt, kombiniert mit einem Fackelzug. Diese oder ähnliche Filme mit Propagandacharakter liefen aber auch häufig im „UFA-Palast“ am Valentinskamp, im „Lessing“- Theater am Gänsemarkt und in den „Schauburg“-Kinos der verschiedenen Stadtteile.
Eine besondere Rolle spielte der UFA-Konzern, der relativ rasch durch den Aufkauf von Kinos (häufig über den „Umweg“ der Pachtung oder der „Arisierung“) auch in Hamburg gleichsam eine Monopolstellung erlangte. Die Kinos und ihre Besitzer waren in unterschiedlicher Weise dem NS-Regime gegenüber eingestellt: Auf der einen Seite gab es „regierungskonforme“ Kinos wie das „Passage“-Theater, die schon vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten patriotische Streifen boten. Auf der anderen Seite hatten mehr der reinen Filmkunst verpflichtete Theater wie die „Urania“- Kulturfilmbühne mit Beschränkungen zu kämpfen und waren alsbald gezwungen, mit den vielfältigen NS-Institutionen zusammenzuarbeiten.
Zudem ist deutlich die enge Verflechtung der diversen Institutionen wie Landesbild- und Gaufilmstelle, Lichtspieltheaterbesitzer-Verband, Volkshochschule, Arbeitsgemeinschaft Film und Filmklub 1937 festzustellen, die nicht selten an der Personalunion bei den Vorstandsposten abzulesen war.
Deutlich wird die Einflussnahme von NS-Regierungsstellen auf die gesamte Filmindustrie. Filmvorführungen waren häufig Bestandteil von Veranstaltungen der NS-Organisationen. Klar auch, dass Hamburg im „Dritten Reich“ keine „Filmstadt“ im eigentlichen Sinne sein konnte, denn dafür fehlten die notwendigen Filmproduktionsstätten (es existierten nur einige kleine Kulturfilm-Betriebe) und die wenigen veranstalteten Uraufführungen hier hatten bei weitem keinen repräsentativen Charakter. So kann also abschließend festgestellt werden, dass das eigentliche „Film-Zentrum“ - wie auch vom NS-Regime gewollt – in Berlin-Babelsberg angesiedelt war und Hamburg aufgrund seiner großen Kinozahl nur als ein (wenn auch sehr wichtiger) Absatzmarkt für die produzierte Filmware (und damit transportierte Propaganda) betrachtet wurde.
Dieser Beitrag gibt stark verkürzt Auszüge einer Hausarbeit an der Universität Hamburg wieder, die im Rahmen eines Studienseminars zur lokalen Filmgeschichte Hamburgs angefertigt wurde und in vollständiger Fassung im Staatsarchiv Hamburg einsehbar ist.