Am 22. Februar 2001 fand die jährliche Mitgliederversammlung unseres Vereins statt, Tagungsort war diesmal das Landesmedienzentrum in der Kieler Straße. Im Verlaufe der Versammlung wurde Heiner Roß, Leiter des Kommunalen Kinos Metropolis und der Kinemathek Hamburg e.V., erneut für zwei weitere Jahre als Kassenprüfer gewählt. Zudem gab es über die Zukunftsperspektiven für die Realisierung eines Filmmuseums eine längere Aussprache. So berichteten die Vorstandsmitglieder Dr. Joachim Paschen, Jürgen Lossau und Volker Reißmann von ihren Besuchen im erst kürzlich eröffneten Berliner Filmmuseum im Sony-Center am Potsdamer Platz, dass offenbar gut angenommen wurde und gerade während der Berlinale großen Besucherandrang aufwies. Ob diese Begeisterung auch zukünftig anhalten werde, müsse abgewartet werden. Es wurde angemerkt, dass in der Dauerausstellung die Präsentation des deutschen Nachkriegsfilms zu kurz käme, da die Schwerpunkte eindeutig bei der Vorkriegszeit und dem Exilfilm gesetzt würden. Trotzdem herrschte bei den anwesenden Mitgliedern die Meinung vor, dass diese Einrichtung neue Maßstäbe setze. Generell wurde noch einmal bedauert, dass sich momentan in Hamburg wegen fehlendem Interesse und mangelnder Förderung von staatlicher Seite eine ähnliche Einrichtung leider noch nicht realisieren lasse.
Ausführlich wurden vom Vorstand auch die Pläne der „Arbeitsgemeinschaft TV World“ für einen Erlebnispark zur TV- und Filmwelt in Jenfeld vorgestellt. Dabei soll auf 280.000 Quadratmetern des Geländes der einstigen Lettow-Vorbeck-Kaserne eine Einrichtung entstehen, die „eine Reise hinter die Kulissen des Fernsehalltags“ ermögliche. Die ersten Pläne eines städtebaulichen Wettbewerbs von sieben renommierten Architekturbüros seien Mitte September 2000 im Staatsarchiv von Oberbaudirektor Jörn Walter der Presse und damit der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Demzufolge sollten Besucher hautnah der Produktion von Fernsehsendungen beiwohnen können und darüber hinaus eine „Hall of Fame“ mit Handabdrücken von Schauspielern, Stuntshows wie in den Universal-Studios in Hollywood und andere Attraktionen geboten werden. Nebenbei seien auch Ausbauflächen für das heute schon in beengten Verhältnissen arbeitende Studio Hamburg vorgesehen, dass auch als Initiator und Ideengeber der Arbeitsgemeinschaft fungiere. Projektleiter H.C. Möller von der Studio-Hamburg- Geschäftsführung hätte auf seiner Pressekonferenz am 21. September 2000 noch einmal ausdrücklich betont, dass sowohl für unseren Verein als auch für die Arbeitsgemeinschaft Sammlung Technikgeschichte (AST) des NDR größere Flächen im Rahmen einer Galerie mit historischen Exponaten aus den letzten 100 Jahren Filmgeschichte bzw. 50 Jahren Fernsehalltag vorgesehen seien. Ob die ehrgeizigen Pläne der „TV World“ jedoch in der nächsten Zeit Wirklichkeit würden, sei momentan noch nicht abzusehen, auch wenn von politischer Seite wegen der Aussicht auf Schaffung von neuen Arbeitsplätzen die Signale bereits auf „grün“ ständen: Denn zum einen gäbe es bereits eine Bürgerinitiative von Anliegern, die um ihre Wohnqualität fürchteten und gegen das Projekt protestierten. Zum anderen müsse erst einmal die Finanzierung der 400 Millionen DM Baukosten gesichert sein und ob dieses Kapital durch geeignete Investoren schnell aufzutreiben sei, dürfte nach den nicht unerheblichen Anlaufschwierigkeiten ähnlicher Projekte (von der Warner-Movie-World in Bottrop-Kirchhellen bis zum Euro-Disney-Park bei Paris) eher fraglich sein.
Zunächst einmal solle jedoch durch Ausstellungen auf den Verein und seine Ziele aufmerksam gemacht werden. Für den Herbst gebe es erste Planungen für eine Ausstellung zur Geschichte des Amateur- und Profi-Films in Hamburg in den letzten Jahrzehnten. Dabei würde an eine Zusammenarbeit mit einer anderen Einrichtung (Einkaufspassage, Museum, Filmfest) gedacht, wobei dann durch mehrere Videoprojektoren repräsentative Filmausschnitte zu den verschiedenen Entwicklungsphasen des Mediums Films vorgestellt werden könnten. Der Vorstand betonte allerdings abschließend noch einmal, dass an der Konzept-Ausarbeitung und Realisierung eines solchen Vorhabens möglichst viele Vereinsmitglieder aktiv beteiligt sein müssten, um eine adäquate Durchführung zu gewährleisten.
Die Zahl der Neuzugänge übertraf in den letzten Monaten alle unsere Erwartungen. So erhielten wir durch eine private Schenkung elf 16-mm-Kopien mit Spielfilmen aus der Zeit zwischen 1932 und 1943; darunter Klassiker wie „Die Geierwally“, „Paracelsus“ und „Friedemann Bach“. Eine zwölfte Rolle enthielt seltene Farbaufnahmen einer Schiffspassage von Hamburg nach Mittelamerika aus den 1960er Jahren. Zudem überreichte uns das Bundesarchiv-Filmarchiv Sicherheitsfilm-Umkopierungen der von uns entdeckten Werke „Die VERA-Filmwerke in Hamburg 1925“ und „Festumzug durch Hamburg 1913“.
Aus dem mittlerweile geschlossenen „Koralle-Kino“ übernahmen wir den historischen Original-Kinogong, der noch bis vor wenigen Jahren die Vorstellungen ankündigte und aus den im August 2000 abgerissenen Alster Film Studios wurden etliche Gerätschaften übernommen. Unser neues Mitglied Filmfest Hamburg GmbH übergab rund 100 Plakate zu den in diesem Jahr auf dem Festival gezeigten Filmen und den aktuellen Filmfest-Kinotrailer. Werner Grassmann vom „Abaton“ überließ uns ebenfalls 100 aktuelle Filmplakate und diverse Filmrollen mit historischen Wochenschau-Ausgaben. Der Hamburger Kameramann und Filmemacher Wolfgang Pahl spendete ca. 35 Industriefilme, darunter Werke wie „Fischkutter“ und „Seenotrettungskreuzer“. Durch kleinere Zukäufe und regelmäßige Zusendungen aktuellen Pressematerials von Verleihfirmen wuchs unsere Sammlung mit Pressemappen auf ca. 2300 Exemplare an. Der Fotograf Joachim Thoms und der Plakatsammler Thorsten Winter reproduzierten für unseren Verein rund 100 Schwarz- Weiß-Aufnahmen von Kinofassaden in Hamburg aus den 1950er Jahren.
In einer von Heiner Roß vom Metropolis/Kinemathek Hamburg e.V. und der Kulturbehörde Hamburg koordinierten Gemeinschaftsaktion mit dem Cinegraph und dem Staatsarchiv konnte zudem der umfangreiche Nachlass des Pfingsten 2000 verstorbenen Hamburger Filmemachers Hellmuth Costard gesichert und vorübergehend im Staatsarchiv einlagert werden (siehe dazu auch Seite 16). Die „Deutsche Wochenschau GmbH“ übergab uns umfangreiche, inzwischen nicht mehr benötigte Ausrüstungsmaterialien (wie Filter, Objektive, Stative, Transportkoffer, Filmkassettenbehälter usw.), die in den vergangenen fünf Jahrzehnten von ihren Kameraleuten benutzt worden sind.
Weitere Schenkungen brachten unserem Fachzeitschriftenbestand Zuwächse, darunter ca. 8 Regalmeter mit historischen Rundfunk- und Fernsehillustrierten aus der Zeit von 1946 bis 1961 („Bildschirm“, „Funk-Uhr“, „Radio Listener“ usw.). Darüber hinaus konnten aus dem inzwischen geordneten und im Staatsarchiv verwahrten Depositum der Firma „gong-Film/Bodo Menck“ etliche Filmbuch-Doubletten für unsere Vereinsbibliothek übernommen werden.
Der sich seit der Übernahme durch den Münchner Video- und Synchronunternehmer Gürtler im Jahre 1991 abzeichnende Niedergang des einstigen Hamburger Traditionsunternehmens ALSTER FILM STUDIO fand jetzt seinen traurigen Höhepunkt. Der nach der Einstellung des regulären Synchronisationsbetriebes im September 1994 nur noch teilweise von unabhängigen Kleinfirmen genutzte Komplex wurde im August 2000 endgültig von der Gürtler-Geschäftsführung aufgegeben. Die letzten Firmenmitarbeiter verließen das historische Gebäude am Melhopweg 26 noch im gleichen Monat. Einige interessante Gerätschaften (wie inzwischen als historisch anzusehende Cord-Bandmaschinen) sowie ein Rest schriftlicher Unterlagen und Fotos konnten aufgrund gemeinschaftlicher Bemühungen unseres Vereins und der AST-Gruppe des NDR noch vor wenigen Wochen aus den nunmehr zum Abriss anstehenden Gebäuden gerettet und somit vor der drohenden Vernichtung bewahrt werden.