Selten genug, daß Teile der deutschen Fotogeschichte sorgsam aufgearbeitet als Buch erscheinen. Und so beschreibt auch Autor Günther Kadlubek im Vorwort des 230 Seiten starken Buches über Agfa eindringlich die Hürden, die zu nehmen waren, um ein solches Projekt überhaupt zu realisieren. Denn trotz deutscher Gründlichkeit und Agfa-Foto-Historama sind viele wichtige Angaben, Dokumente, Muster oder Seriennummern einfach verschollen.
Umso erfreulicher ist es, daß Kadlubek sich nicht hat abschrecken lassen und zusammen mit Rudolf Hillebrand, der die Fotos schoß und das Buch verlegte, diese Geschichte eines deutschen Weltunternehmens von 1867 bis 1997 zusammengetragen hat. Am Ende des Buches findet sich auf 50 Seiten eine Übersicht aller bekannten Kameras, Projektoren und Blitzgeräte, die Agfa gebaut hat oder bauen ließ. Schmerzlich kann man erkennen, wie stark das Fotogeräte-Geschäft des Unternehmens inzwischen zurückgegangen ist.
Das Buch erzählt die Geschichte der Agfa aber nicht nur aus einäugig-technischer Sicht, wie das ja leider so häufig bei Fotobüchern der Fall ist. Es spielen auch wirtschaftliche, sozialpolitische und kulturelle Aspekte eine Rolle. Wieviel kostete den Arbeiter 1914 ein Kilo Rindfleisch? Warum entstanden 1962 Agfa-Wohnheime für weibliche Arbeitnehmer? Fragen, die in "klassischen Fotobüchern" kaum eine Rolle spielten.
Kadlubek und Hillebrand ist ein an Jahreszahlen aufgespießter Streifzug durch die Agfa-Historie gelungen, der weitere Fragen aufwirft. Fragen, die ins Detail gehen - und die vielleicht mit Hilfe noch lebender Ex-Mitarbeiter geklärt werden könnten. Fragen aber auch, die in Richtung eines Projektes deuten, dem sich gewiß kaum einer aussetzen will: die deutsche Kamerageschichte komplett zu erzählen - mit allen Firmen, allen Namen.
Agfa-Chronik, Edition Photo Deal, 2. Auflage 1998, ISBN 3-89506-169-7, DM 98,--. Zu beziehen über Photo Deal, Kiefernweg 21, 41470 Neuss, Fax: 02137-77635.