Die hartnäckigen Single-Achter
Sie sind schon eine heiße Truppe. Mit Mitgliedern in Thailand, Irland, Dänemark, Deutschland, Malaysia, Schweden - vor allem aber in Großbritannien. Da hat sie auch ihren Sitz, die „Single-8-Association", gegründet 1981. Wackere 200 Übriggebliebene, manchmal auch ihre Frauen, kämpfen einen nostalgischen Kampf um ihr Hobby. Filmen mit Single-8 - das ist ihre Devise. Weil aber die Zeit der Single-8-Schmalfilmerei Ende 1996 in Europa ablief und Hersteller Fuji hier keine Filme mehr verkauft, haben die Polyesterfetischisten aus Great Britain das schier Unglaubliche erreicht. Sie beziehen weiter Filmkassetten mit 50 feet Inhalt, direkt von Fuji aus Japan. Denn für den heimischen und den indischen Markt stellt Fuji noch Schmalfilme her. Irgendwie, keiner weiß so genau wie, ist den sturen Single-8-Freaks damit das gelungen, was deutsche Schmalfilmer vergeblich versuchten. Zur Entwicklung schicken die Amateure ihre Kassetten nach Düsseldorf, dort erfaßt man sie alle artig am PC und verfrachtet sie im Zwei-Kilo-Paket gen Japan. Aus ominösen zolltechnischen Gründen kehren sie dann im Sechs-Kilo-Paket nach rund zwei Monaten zurück nach Düsseldorf und gelangen so irgendwann zu den Hartnäckigen. „Remember", ruft der „Chairman" seinen Mitgliedern in der Hauspostille „Image 8" stets eindringlich fett gedruckt zu: „Use it or lose it!" Und so freuen sie sich, die aussterbenden Single-Achter, wenn sie einmal im Jahr zu ihrem „Minifest" zusammenkommen und Filme gucken. Filme, die sie sich schwer erkämpft haben.
Kontaktadresse:
Bob Macarthy, Single-8 Association, 3, Loudon
Court/Loudon Way, Ashford. Kent. TN23 3N, Great
Britain
Als Video noch ein Fremdwort war: der Sofortfilm
Es war zu spät. Und vielleicht auch zu genial, um praktikabel zu sein. 1978 kam Polaroid zur Kölner „photokina" mit einer Kamera im Gepäck, die Sofortbildern das Laufen lernte. „Polavision" hieß das Verfahren. Damit wurde erstmals ein Schmalfilm vorgestellt, der nach 90 Sekunden Entwicklung vorführbereit war. Die Kamera zum System hatte ein mickriges 2-fach Zoomobjektiv, einen Auslöser - und Schluß. Die Kassette für die Kamera, „Phototape" genannt, war mit 11,8 Metern Spezialfilm im Super-8-Format geladen, der nach 2 Minuten und 35 Sekunden komplett durch die Kamera gelaufen war. Den Film mit seinen 2.800 Einzelbildern gabs farbig und in Schwarz/Weiß. Nach der Aufnahme schob man die Kassette in den Player mit Mattscheibe. Dann rumpelte es kräftig und die Entwicklung begann. Eine Plastikdüse, im „Phototape" enthalten, bespritzte zwei Meter Sofortfilm in der Sekunde mit Entwicklerflüssigkeit. Dafür durfte die Düse nur eine Toleranz von 1/1000 Millimeter bei der Fertigung haben. Das galt bis dato in der Kunststoffverarbeitung als unerreichbar. Und dann, wie von Geisterhand geführt, kam das Bild auf der 30-Zentimeter-Mattscheibe zum Vorschein: grobkörnig, düster, aber farbig und zapplig. Soweit, so hübsch. Doch der dicke Film bei dem Negativ (in der Projektion unsichtbar) und positiv übereinander lagen, war für Wandprojektion nicht geeignet. Die Kassette durfte nach der Entwicklung nicht geöffnet werden, so daß Schneiden oder Vertonen des Films unmöglich blieb. Ein Spielzeug. Und ehe aus dem Spielzeug etwas werden konnte, stellte sich Video in den Weg. Auf der „ p h o t o k i n a " 1980 gab es die ersten Kamera/-Recorder-Kombinationen für Schwarz/Weiß-Videographie und „Polavision" hatte sich schon vom Markt verabschiedet. Nur auf Flohmärkten sieht man manchmal noch die seltsame Kamera oder den eigenwilligen Projektor. In Brüssel ergatterte ich vor vier Jahren noch ein paar Filme dazu, haltbar bis 1982. Und auch 15 Jahre später entwickeln sich aus dem Material ansehbare Streifen, allerdings mit Schlieren und Punkten. So wurde aus dem ursprünglich 1.500 Mark teuren „Polavision"-System bei mir zuhause immerhin ein Partygag.
Findige 9,5er
Es gehört zu den ältesten Filmformaten und ist nicht totzukriegen. Die Franzosen lieben ihren mittenperforierten 9,5er Film. Und hatten Ideen, die erst Jahre später in der Fotoindustrie salonfähig wurden. Zum Beispiel die Kamera S2000 von Ligonie. 1969 ist sie die erste, deren NC-Akku von Solarzellen gespeist wird. Erst in den neunziger Jahren findet man dieselbe Technik wieder angewendet: bei einer Kleinbild-Kompaktkamera von Canon.
Die S2000 muß einige Zeit dem Licht ausgesetzt werden, um betriebsbereit zu sein. 24 Sonnenzellen aus tellurhaltigem Cadmium sorgen für Energie. Der 9,5mm-Film, eigentlich lose auf Spule, wird in ein 15-Meter-Magazin von Kodak gestopft, um die Handhabung praktischer zu machen. Ansonsten hat die Kamera ein reichlich lichtschwaches Objektiv 1:3,8/17-85mm von Som Berthiot und drei Laufgeschwindigkeiten: 12, 16 und 24 B/sec. Ob dem guten Stück an dunklen Tagen oder bei nächtlichen Partybildern die Puste ausgeht, ist nicht verbrieft. Bei der verwendeten Optik hat es aber sowieso keinen Sinn, die Kamera bei Schummerlicht surren zu lassen. Leider habe ich bislang niemand gefunden, der die sonnenhungrige Ligonie besitzt. Was kein Wunder ist: es wurden nur 40 Stück fabriziert!
Um das leidige Filmeinlegen von Hand der Vergangenheit zu überlassen, verfielen die rührigen 9,5er 1975 darauf, eine Wechselkassette mit 14 Metern Film zu laden und die Metall-Andruckplatte zur Planlage des Films am Bildfenster in der Kamera zu belassen. Weil es aber an der passenden Kamera mangelte, besorgte man sich flugs Super-8-Schlachtschiffe von Bell & Howell aus Japan, die von der französischen Firma Muray umgestrickt wurden. So bekam die Kamera ein eigens für 9,5mm berechnetes Zoom-Objektiv (2,8/11-30mm) verpaßt. Ob die umgebaute Bell & Howell ab und an über die Ladentheke ging, ist unbekannt.