Am 24. Oktober 1958 gab es einen großen Menschenauflauf am Altonaer Bahnhof: Filmstar Ruth Leuwerick kam nach Hamburg, um Aufnahmen für ihren neuen Spielfilm Dorothea Angermann zu absolvieren. Die Verfilmung eines Bühnenstücks von Gerhardt Hauptmann durch den renommierten Regisseur Robert Siodmak spielte sie eine Pastorentochter, die wegen angeblichen Mordes am Ehemann vor dem Schwurgericht steht. Die Zeugenbefragungen vor dem Gericht benutzt der Film gekonnt für Rückblenden: In eine Kreisstadt gezogen, liebt sie den Ingenieur Michael, heiratet auf Drängen des bigotten Vaters ihren Verführer, Chefkoch Mario, von dem sie ein Kind erwartet. Die Ehe wird ein Martyrium. Sie verliert ihr Kind, muss andauernd Schläge erdulden und wird weiter gequält. Als Michael aus dem Ausland zurückkehrt, will Dorothea mit ihm zusammenleben. Sie konfrontiert Mario mit der Wahrheit und tötet ihn nach einem Streit in Notwehr. Dorothea wird schließlich freigesprochen. Soweit die übliche Inhaltsangabe. Über den Verlauf der Dreharbeiten in Hamburg liegen bedauerlicherweise keine ausführlichen Berichte vor. So bleiben die Fotos von Bildberichterstatter Horst Janke und einem Fotografen der Agentur Conti-Press von der Ankunft Ruth Leuweriks und ihres Filmpartners Bert Solar am Altonaer Bahnhof seltene Dokumente vom Aufenthalt der beliebten Schauspielerin in der Hansestadt (Hamburg war ihr bereits vorher durch Bühnenauftritte bekannt). Der Film Dorothea Angermann übrigens erlebte am 22. Januar 1959 seine Uraufführung in den deutschen Kinos und war recht erfolgreich, wenngleich Ruth Leuwerik damit nicht an ihre Anfangserfolge z.B. in Ludwig II. anknüpfen konnte. Die als Tochter eines Kaufmanns am 23. April 1924 in Essen geborene Schauspielerin hatte zuvor als Fräserin und Stenotypistin gearbeitet. Erst nach einem Bühnendebüt am Westfälischen Landestheater Münster spielte sie in Bremen, Lübeck, sowie am Hamburger Schauspielhaus, bis sie sich endgültig dem Film zuwandte und zu einer der beliebtesten deutschen Nachkriegsschauspielerinnen wurde. (für ergänzende Informationen danken wir Frau Helga Westphal von Ruth-Leuwerik-Archiv)